CHRONIK 1950-1959

 

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1950-1957 Neuanfang nach dem Krieg


 

deutsche SeaHawks im Hangar in Lossiemouth

deutsche Sea Hawks im Hangar in Lossiemouth
Foto: R.Mühlenbrock

 

Die Planungen und ersten Bemühungen für militärische Sicherheit in Deutschland und für die Neuaufstellung einer neuen deutschen Marine begannen im Jahre 1950. Bundeskanzler Konrad Adenauer wies in einer Denkschrift die Alliierten auf die Gefährdung der Bundesrepublik Deutschland hin, die durch die Blockade Berlins, durch die Aufstellung der Kasernierten Volkspolizei in der DDR und nicht zuletzt durch den Koreakrieg begründet war. Im Oktober 1950 ernannte Adenauer, Theodor Blank zum „Beauftragten der Bundesrepublik Deutschland“ für alle Fragen, die mit der Vermehrung der alliierten Besatzungstruppen zusammenhängen. Oberst i.G. a.D. Walter Gaul wurde 1951 als deutscher Experte Mitglied des „Naval Historical Team“ in Bremerhaven. Das Team stellte fest, dass eine neu aufgestellte Marine über eigene Luftstreitkräfte verfügen müsse, um unabhängig von der Luftwaffe zu sein. Die Begründung lag auf der Hand, denn im 2.Weltkrieg besaß die Marine keine eigenen Luftunterstützungskräfte. Es entstanden dadurch erhebliche Nachteile in der Seeaufklärung und Seezielbekämpfung. Fliegende Kampfmittel seien für den modernen Seekrieg unverzichtbar, so argumentierte man im Planungsstab des „Amt Blank“. Dieses Amt, auch „Dienststelle Blank“ genannt, war in den Jahren 1950 bis 1955 die Vorgängerorganisation des Bundesministeriums der Verteidigung. Die offizielle Bezeichnung lautete „Dienststelle des Bevollmächtigten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“. Geleitet wurde es von Theodor Blank, der von 1955 bis 1956 Bundesverteidigungsminister war. Innerhalb dieser Dienststelle wird 1952 Walter Gaul, der ehemalige Luftwaffenoberst i.G. der Wehrmacht nun im Rang eines Kapitäns zur See, zum Leiter der Abteilung Marineflieger im Planungsstab der Marine ernannt. 1956 lagen die fertigen Organisationspläne vor. Im gleichen Jahr beschloss der Bundestag, die endgültige Wiederbewaffnung Deutschlands.

 

1955 besuchte Kronprinz Olav von Norwegen den Fliegerhorst Schleswig als einer der ersten Gäste. Die Norwegische Luftwaffe nutzte den Fliegerhorst Jagel, neben der Royal Navy der Engländer, seit Ende des Krieges zeitweise für Übungszwecke und deren normalen Flugdienst mit.

 

Mit dem Aufstellungsbefehl Nr.41-Marine vom 26. Juni 1956 wurde die Aufstellung eines „Kommandos der Marineflieger“ mit Standort Kiel-Holtenau befohlen. Im September 1956 begann dann die Aufstellung des „Kommandos der Marineflieger“ Bis zum April 1957 bestand dieses Kommando aus etwa 50 Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften, die alle schon bei der Wehrmacht gedient hatten. Erster Kommandeur wurde FKpt Linke. Am 1. April 1957 kamen die ersten Rekruten von den Ausbildungsbataillonen nach Kiel und stellten das Hauptpersonal der 1. Marinefliegergruppe, die unter Führung von KKpt Wachsmuth aufgestellt wurde.

 

Der alte Fliegerhorst Schleswig-Land sollte nach KptzS Gaul‘s Planungen die neue Heimat der 1.Marinefliegergruppe (1.MFGr) werden.

 
Im Aufstellungsbefehl Nr.62-Marine, des Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) vom 12. März 1957 wurde durch FKpt Linke folgender Befehl erlassen: „Die 1.Marinefliegergruppe ist ab 1. April 1957 aufzustellen. Versorgungsmäßig ist sie dem Marine Stützpunktkommando Kiel anzuschließen.“ Diese 1.MFGr sollte
aus je einer Staffel Sea Hawk für den Angriff und einer Staffel Gannet für die U-Boot-Jagd, sowie einer Transport- und Versorgungsstaffel und einer Flugbetriebsstaffel bestehen.
  
 
Hawker Sea Hawk Mk.100

Fairey Gannet A.S.4

Mit der britischen Firma Armstrong-Withworth wurde ein Vertrag über die Lieferung von 68 Sea Hawk  und der ebenfalls britischen Firma Fairey Aviation über die Lieferung von 16 Gannet abgeschlossen.  Diese beiden Flugzeugtypen hatten sich bereits bei der Royal Navy bewährt. Mit dem Abschluss des Kaufvertrages III/57 wurden 15 Einsatzflugzeuge (A.S.4) und ein Trainer (T.5) vom Typ Fairey Gannet bestellt. Der Wert dieses Auftrages belief sich auf 2,5 Millionen Pfund Sterling, was damals dem Gegenwert von etwa 26 Millionen D-Mark (ca. 13,3 Millionen Euro) entsprach. Für die Beschaffung der Sea Hawk hatte sich die Bundeswehr bereits 1955 entschlossen und nun per Vertrag unter Dach und Fach gebracht. Ausschlaggebend für deren Beschaffung waren die schnelle Verfügbarkeit, einfache Handhabung, ein einfacher unkomplizierter Aufbau und die speziellen Maritimen Charakteristika. Die Marineflieger beschafften jeweils 34 Sea Hawk Mk.100 und weitere 34 Sea Hawk Mk.101 als Erstausstattung.

 

Neben der Ausbildung in Großbritannien wurden auch mit der US-Navy Ausbildungsverträge für die Marineflieger geschlossen. Ab Anfang des Jahres 1957 begannen fliegendes Personal, Flugsicherungspersonal und Techniker mit der Ausbildung an den verschiedensten Standorten in den USA, England und Deutschland. Die Grundausbildung der Gannet Piloten erfolgte an den Schulen der US-Navy in NAS Pensacola/Florida. Die anschließende Umschulung soll ab 1958 direkt beim Hersteller Fairey Aviation Co. im englischen White Waitham erfolgen. Technisches Personal erhielt derweil die Ausbildung und Typeneinweisung bei der Royal Navy in Brawdy und Lossiemouth. Die Bordfunker und Beobachter der Gannet's durchliefen ab Herbst 1957 ihre Ausbildung bei der Royal Navy in Culdrose (Südengland). Neun Monate lang übten sie hier mit britischen Piloten theoretisch und praktisch alle Arten von Navigation und Radarbedienung, die sie in gemeinsamen Ausbildungflügen bei Tag und bei Nacht unter Beweis stellen mussten.

Die Ausbildung der Sea Hawk Piloten erfolgte nach der Anfängerausbildung in Pensacola/Florida auf den Flugplätzen Saufley Field/Florida, Whiting Field/Alabama, Barren Field/Alabama und Kingsville/Texas. Dort wurden neben fliegerischer Ausbildung auf verschiedenen Flugzeugmustern auch die Schulung an Funkgeräten, der Funknavigation und Instrumentenflug forciert, sowie Waffeneinsätze geplant und geflogen. Außerdem durchliefen die Piloten eine 25 Übungsstunden umfassende Ausbildung für die Flugzeugträgerqualifikation.

Während dessen wurde im alten Unterkunftsbereich der Kaserne in Kropp mit der Herrichtung der vorhandenen Gebäude und Unterkunftsblöcke begonnen.

 

 

 

 

1958 Indienststellung 1.Marinefliegergruppe
  

 

Lossiemouth - Tag der Indienststellung der 1. Mehrzweckstaffel

 

19.Mai 1958: Tag der Indienststellung der 1.Mehrzweckstaffel in Lossiemouth
Foto: via R.Mühlenbrock
 
  Flensburger Tageblatt 1958 (zum vergrößern anklicken)  

Übergabe Gannets an die Bundesmarine in Jagel

 
  Flensburger Tageblatt
Artikel: via R.Mühlenbrock
  1. August 1958: offizielle Begrüßung der 1.Marinefliegergruppe in Jagel
Foto: via K.Schmidt
 
Noch während der Ausbildung kommt Fähnrich zur See Cetto am 3. Februar bei einem Flugunfall mit seiner Sea Hawk ums Leben. Er ist das erste Opfer seit dem Neubeginn der Marineflieger. Trotz des schmerzlichen Verlustes wurden am 11. und 13. Februar, vertretend durch KKpt Franz, die ersten fünf Sea Hawk Mk.100 von den Engländern übernommen. Sie erhielten die Kennzeichen VA+220 bis VA+224. Weitere Maschinen folgten in den nächsten Wochen. Der Flugzeugtyp hatte sich zuvor bereits bei der Royal Navy gut bewährt. Die Flugzeuge verblieben vorerst aber noch für die bevorstehende Ausbildung in England.

 

Am 25. März wird der Verband der Technischen Gruppe von Kiel nach Schleswig/See verlegt. Noch in der gleichen Woche brachte ein weiteres Ereignis eine Wende für den Fliegerhorst. Nach 13 Jahren Besatzungszeit wurde der Fliegerhorst Jagel von den Engländern an KptLt Karl Donsbach und damit an die Bundesrepublik Deutschland übergeben.

 

In einem Nachtrag zum Aufstellungsbefehl Nr.62-Marine vom 27. März wird die personelle Verlegung von zwei Staffeln nach England befohlen. Als Zeitraum der Verlegung wird der 15. April bis 31. Juli festgelegt. Als Standorte werden Eglington (für Marine U-Jagdstaffel) und Lossiemouth (für Marine Mehrzweckstaffel) genannt.

Zur Ausbildung des Gannet-Personals wurden die zuvor in White Waltham und Culdrose geschulten Marineflieger nach Eglington (Nordirland) abkommandiert, wo sie als komplette Crews mit der Gannet den normalen Flugbetrieb trainierten. Der Inhalt dieser Aus-, und Weiterbildung wurde zuvor niemals schriftlich mit der Royal Navy festgelegt. Sie basierte lediglich auf einer mündlichen Absprache zwischen dem KKpt Schöpke (Staffelkapitän U-Jagdstaffel) und dem Kommandeur der Basis Eglington. Damit hatten die Gannet-Besatzungen ab dem 21. April die Möglichkeit den Bombenabwurf, den Einsatz von Torpedos, Minen und Raketen, sowie die Aufklärung über See und die Arbeit mit dem Sonar zu trainieren.

 

Am 19. Mai, wurde in Lossiemouth (Schottland) die 1.Mehrzweckstaffel mit acht Jagdbombern vom Typ Sea Hawk Mk.100 feierlich in Dienst gestellt. Anwesend in dieser historischen Stunde waren u.a. VAdm Ruge (Inspekteur der Marine), KptzS Gaul (Kommandeur Marineflieger), Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld (deutscher Botschafter in Großbritannien), Adm Mountbatten (Erster Seelord der brit. Admiralität). Als erster Staffelkapitän wurde KKpt Jung ernannt. Zu den Aufgaben der Staffel gehört die Unterstützung der schwimmenden Einheiten durch Nah- und Fernsicherung, sowie Bekämpfung von feindlichen Flottenstreitkräften. Bewaffnete Aufklärung, sowie Kampfunterstützung bei amphibischen Operationen gehörte ebenfalls zum Repertoire.

 

Die Schlagzeile aus der englischen THE TIMES von Dienstag dem 20. Mai 1958: „Marinefliegerstaffel in Dienst gestellt. Deutsche Marineflieger von Engländern ausgebildet“. So und so ähnlich lauteten im Mai 1958, einen Tag nach Indienststellung der ersten deutschen Marinefliegerstaffel, die Überschriften in der englischen und deutschen Presse.

 
Einen Tag später, am 20. Mai wurde in Eglington (Irland) die U-Boot-Jagdstaffel mit 16 Flugzeugen vom Typ Gannet in Anwesenheit des deutschen Botschafters (
Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld) und KptzS Gaul (Kommandeur der Marineflieger) durch den Vizeadmiral Ruge (Inspekteur der Marine) ähnlich feierlich in Dienst gestellt. Erster Staffelkapitän wurde KKpt Paul Kriebel.
 

Am 5. Juni wurden beide Staffeln, wenn bisher auch noch räumlich getrennt, mit der Bezeichnung „1.Marinefliegergruppe Schleswig-Jagel“ als Geschwader zusammengefasst. Der 5. Juni 1958 wird daher auch zum offiziellen Gründungstag des Geschwaders. Während die 1.Mehrzweckstaffel mit ihren Sea Hawk schon am 20. Juni nach Jagel verlegte, folgte die U-Jagdstaffel mit ihre Gannet‘s erst am 29. Juni  aus Irland. Als erster Pilot einer bundeseigenen Sea Hawk landete KKpt Jung in Jagel. Mit der Verlegung der Flugzeuge und der Staffelübergabe war die 1.Marinefliegergruppe einsatzbereit und wurde als erster fliegender Verband der Bundesmarine am 2. August in Dienst gestellt und in die NATO eingegliedert. Als erster Gruppenkommandeur übernahm KptzS Linke die Führung des Geschwaders. Ihm unterstellt waren zu diesem Zeitpunkt 450 Soldaten und Zivilbeschäftigte. Heimatplatz der 1.MFGr wird zukünftig der Fliegerhorst Schleswig-Jagel sein. Die Hauptaufgabe und der Auftrag der 1.MFGr bestand in der Verteidigung des Ostsee-Raumes, deren Zugänge zur Nordsee sowie die Sicherung des Nachschubs in die Nordsee. Im Kriegsfall sollte der sowjetisch-baltischen Flotte der Zugang zum Atlantik durch die Meeresengen Kattegat und Skagerrak zusammen mit den dänischen Kräften verwehrt werden.

Bereits bevor die ersten Flugzeuge in Jagel landeten, wurden im Juli größere Baumaßnahmen in Angriff genommen. So wurde der Ausbau der technischen Werkstätten in Halle 36 und die Verlängerung der Runway auf 2000m vorangetrieben. Am 19. Juli erfolgte Aufstellung der Fliegerhorstfeuerwehr mit 6 Mann. Den Männern dient eine Baracke im Nordbereich des Flugplatzes als Unterkunft. Gleichzeitig waren die Zivilwache und englische Soldaten in diesen Baracken untergebracht. Die Feuerwehrleute bekamen eine modisch eingefärbte Bekleidung aus alten Uniformteilen. Ihre ersten Fahrzeuge übernahmen sie von den Engländern, welche aber noch bis auf weiteres den Fahrer stellten.
 

Am 1. August erfolgte die offizielle Begrüßung der 1.Marinefliegergruppe in der noch jungen Bundesrepublik durch Konteradmiral Wagner (Stellv. Inspekteur der Marine), Flottillenadmiral Johannesson (Befehlshaber der Flotte) und KptzS Gaul. Mit Wirkung des 2. August erfolgte die Unterstellung der 1.MFGr unter das Kommando der Flotte, womit sie für NATO-Einsätze ab sofort verfügbar war. Mit dem Fernschreiben Nr. 1209 meldete das KdoMFGr (Kommando Marinefliegergruppe) dem Bundesverteidigungsministerium die endgültige personelle Verlegung der 1.MFGr von Kiel-Holtenau nach Jagel.

 
erster Lehrgang auf Sea Hawk
erster Lehrgang auf Sea Hawk
Foto: via R.Mühlenbrock
Da im Kasernenbereich in Kropp noch immer an den Unterkünften gebaut wurde, war eine Unterbringung des Personals weiterhin nur in Kiel-Holtenau und in Schleswig/See möglich. Ferner erfolgten noch immer größere Um-, und Ausbauten der Halle 36 auf dem Fliegerhorstgelände. Auch die Technische Gruppe erlebte am 1. August ihre Geburtsstunde. Ihr erster Kommandeur wurde FKpt Lorenz. Im Rahmen der Neugliederung wurde die Wartungsstaffel Bestandteil der Fliegenden Staffeln, während die Technische Gruppe mit den Instandsetzungsarbeiten der Luftfahrzeuge betraut war.

  

Nach bekannt werden der westdeutschen Wiederaufrüstung bemühten sich die Geheimdienste des Ostblocks fieberhaft darum, Agenten in die Führungsorgane der ersten Verbände einzuschleusen. Die 1.Marinefliegergruppe in Jagel, die unter anderem die Ostsee kontrolliert, stand dabei sicherlich ganz oben auf der Wunschliste des Ostblocks. KptLt Horst Ludwig (Chef der Transport- und Versorgungsstaffel) wurde wegen des Verdachts der Spionage verhaftet, der militärischen Spionage schuldig gemacht und zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. In DIE ZEIT (Ausgabe Nr.6/1960) wurde versucht etwas Licht in die Verhandlungen hinter den verschlossenen Türen des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe zu bringen. Auch das HAMBURGER ABENDBLATT berichtet in mehreren Ausgaben (26.01.1960 und 27.01.1960) ausführlich aus dem Gerichtssaal. Es war die erste Spionageaffäre der noch jungen Bundeswehr.

 

Wenige Tage später kam für die 2.MFGr, welche sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Jagel aufhielt, der Aufstellungsbefehl Nr.77-Marine, ab 1. September eine Aufklärungsstaffel aufzustellen. Ausgerüstet wurde diese mit sechs Sea Hawk, zwei Gannet (davon eine Trainerversion) und drei Fouga Magister. Bei Bedarf sollte eine weitere Auffüllung der neuen Staffel erfolgen. Die 2.MFGr musste zu dieser Zeit noch auf seinen endgültigen Heimatstandort warten, da der Fliegerhorst Nordholz sich noch im Umbau befand.

 

Im Oktober nahmen fünf Sea Hawk der 1.MFGr an ihrem ersten Manöver „TIGRE BLEU“ der NATO teil. Dafür verlegten diese Maschinen nach Jever und Valkenburg (Niederlande). Zum ersten Mal mussten die Piloten ihr fliegerisches Geschick in verschiedenen Szenarien unter Beweis stellen.

Ebenfalls im Oktober stellte die Fliegerhorstfeuerwehr ihr erstes Pulverlöschfahrzeug 1500kg in Dienst.

 

Leider ließ der nächste schwere Unfall nicht lange auf sich warten. Am 8. Dezember starb LtzS Witter in seiner Sea Hawk (VA+226), als er im Tiefflug eine Hochspannungsleitung bei Husum streifte und abstürzte.

 
Die Personalstärke zum Jahreswechsel ist bereits auf 593 Soldaten (59 Offiziere, 172 Unteroffiziereund, 362 Mannschaften), sowie 63 zivile Mitarbeiter angewachsen.

 

 

 

 

1959 von der 1.Marinefliegergruppe zum 1.Marinefliegergeschwader

 

"Gannet" der 1. Marinefliegergruppe

Gannet UA+112 (c/n F9394) der 1. Marinefliegergruppe
Foto: Archiv Webmaster
dieses Flugzeug steht heute im Technik Museum Spyer
 
Gleich zu Beginn des Jahres wurde die Aufstellung einer Marineseenotstaffel befohlen, deren Betreuung durch die 1.Marinefliegergruppe in Jagel erfolgen sollte. Diese sollten später den Grundstein für das spätere MFG5 bilden, welches in Kiel-Holtenau seine Heimat finden wird.

Außerdem wurde der „Fuhrpark“ der deutschen Marineflieger um sechs leichte Transportflugzeuge Pembroke, vier Verbindungsflugzeuge Do-27, vier Schul- und Reiseflugzeuge Piaggio P-149 und vier Hubschrauber Sycamore erweitert. Diese Flugzeuge und Hubschrauber gehörten zum Inventar für das spätere MFG3 und waren immer öfter in Jagel zu beobachten.

 

Am 13. Januar landete am frühen Nachmittag aus den USA kommend, die erste von fünf zu erwartenden Albatross auf dem Fliegerhorst Jagel. Dieser Flugzeugtyp war ein Amphibienflugzeug und konnte sowohl auf dem Land, als auch dem Wasser starten und landen. Die Flugzeuge sind für die 3.Marinefliegergruppe in Kiel-Holtenau vorgesehen und sollen dort Mädchen für alles im SAR Such-, und Rettungsdienst sowie als Transportflugzeug ihren Dienst verrichten.

 
Trauer und Bestürzung auf dem Fliegerhorst. Am 14. Januar stürzte OLtzS Rademacher von der 2.MFGr mit seiner Sea Hawk in Lottorf, nahe Jagel ab und verstarb.

  

Vom 19. Januar bis 15. Februar verlegte die U-Jagd-Staffel mit drei Gannet‘s schon wieder ins Nordirische Eglington, um ihren ersten Torpedo-Waffenabschnitt durchzuführen. 150 Flugstunden mit U-Boot Ortungsübungen und Raketenschießübungen auf Seeziele schweißten das technische und das fliegende Personal weiter zusammen.

 

Für den 1. April wurde die Aufstellung der Marine-Flugabwehrkompanie befohlen. Die ca. 200 Mann starke Kompanie wurde dafür mit 40mm Geschützen ausgerüstet, welche rund um den Fliegerhorst stationiert wurden.

 

„Was sollen die Lord‘s abends in Kropp machen“ Unter diesem Motto führte die U-Jagdstaffel am 20. April das erste Nachtfliegen in Jagel durch. Der Staffelkapitän KKpt Kriebel war der Erste, der das nächtliche Karussell eröffnete. Alles was Rang und Namen hatte, war auf dem Tower versammelt.

 
Am 27. April verlegten acht Sea Hawk‘s und 13 Piloten sowie Techniker von Jagel nach Westerland/Sylt. Dort fand der Luft zu Luft Schießabschnitt der 1. Mehrzweckstaffel im Rahmen „DRAGONS OVER SYLT“ statt. Mit dabei und gleichzeitig Konkurrent war das JG71 aus Ahlhorn mit seinen F-86 Sabré (ein Geschenk der kanadischen Regierung). Diese waren bei der Ankunft in etwas eigentümlicher Formation in Westerland eingefallen. Die Marineflieger hofften bereits die ersten Pluspunkte bei den Punktrichtern für ihren sauberen Verbandsflug ergattern zu können. Nach ersten Kameraschießübungen und deren Auswertung kam der Tag an dem zum ersten Mal scharf geschossen wurde. Bei der Jagd auf die Schleppziele tat sich besonders KptLt Reger hervor. Nach drei Wochen und einer Feuchtfröhlichen Abschiedsparty verließen die „Krieger“ Sylt. Nach einer Ehrenrunde um/über das Marineehrenmahl Laboe und die Marinefliegerdivision Kiel ging es endlich zurück nach Hause.

 

Am 1. Mai übernahm FKpt Werner Klümper als neuer Gruppenkommandeur die 1.Marinefliegergruppe von seinem Vorgänger KptzS Linke.

Linke (Träger Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes), der während des 2. Weltkriegs für die Reichsluftwaffe flog und dort unter anderem als Gruppenkommandeur der 1.Gruppe des Kampfgeschwader 54 (I./KG 54) fungierte, hatte 1957 als Marineoffizier der Bundeswehr den Aufstellungsbefehl für die 1.MFGr erlassen. FKpt Klümper war bereits 1958 durch den Aufstellungsbefehl Nr.77 mit der Aufstellung der 2.Marinefliegergruppe beauftragt gewesen. Kaum fertig mit dieser anspruchsvollen Aufgabe, übernahm er nun die 1.Marinefliegergruppe. Schon im Krieg hatte er als Oberstleutnant der Reichsluftwaffe als Gruppenkommandeur in der jeweils 1.Gruppe der Kampfgeschwader 2 (I./KG 2) und Kampfgeschwader 26 (I./KG 26) Erfahrungen sammeln können. Von Februar 1943 bis November 1944 war er sogar Geschwaderkommodore des Kampfgeschwader 26.

 

Im Umgliederungsbefehl Nr.1-Marine vom 13. Juli ordnete der Führungsstab der Marine die Umgliederung und Umbenennung aller Marinefliegerverbände an. Aus der 1.Marinefliegergruppe (1.MFGr) wird nun das 1.Marinefliegergeschwader (1.MFG). Erster Kommodore wird der bisherige Gruppenkommandeur FKpt Klümper. Diese Umbenennung und Umgliederung erfolgte im Rahmen einer Neustrukturirrung, um die Geschwader organisatorisch den Luftwaffen-Geschwadern anzugleichen.

 

Da die 2.MFGr, welche 1958 aufgestellt wurde, noch immer nicht wegen Bauarbeiten auf seinen Heimatfliegerhorst Nordholz umziehen konnte, verbrachte es viele Monate auf den verschiedensten Flugplätzen. In der Zeit von Anfang 1958 bis Mitte 1963 davon in Jagel. Dessen Personal verteilte sich  z.T. aber auf die nahe gelegenen Standorte in Schleswig-See bzw. Kiel-Holtenau und Glückburg. Am 1. August übernimmt die 1.Aufklärungsstaffel des 2.MFG die Durchführung des ebenfalls neu aufgestellten Wetterdienstes des 1.MFG. Damit waren für den Flugplatz Jagel, die Flugstrecken und die Zielgebiete der von dort operierenden Flugzeuge eigene Wettervorhersagen möglich.

 

Im September wurde durch KKpt Franz beim 1.MFG das System der "Central Maintenance" (eine Vorstufe der Zentralisierten Technik) eingeführt. Bei diesem System verbleibt die  Materialerhaltungsstufe 1 (Vor-, und Nachflugkontrolle, einfache Störbehebung) bei den fliegenden Staffeln. Alle anderen Instandsetzungs- und Inspektionsmaßnahmen der Materialerhaltungsstufe 2 fallen in den Aufgabenbereich der neu aufzustellenden Technischen Staffel.  Um die Techniker rechtzeitig darauf vorzubereiten, wurde schon im Frühjahr mit der Ausbildung an den Schulen der Luftwaffe in Kaufbeuren und Lechfeld begonnen.

 

Im Oktober wurde der nördliche Teil des Fliegerhorsts von der Royal Air Force übergeben. Die Übergabe der letzten Gebäude von der RAF an den deutschen Staat erfolgte aber erst im November 1961.

 

Am 11. Dezember erlitt die Sea Hawk (VA+227) durch Flugmanöver in den Randbereichen der maximalen Zellenbelastung Schäden, die nach der sicheren Landung in Jagel festgestellt wurden. Die Schäden waren so stark, dass sie nicht mehr repariert wurden. Das Flugzeug wurde vorerst eingelagert und 1963 endgültig abgeschrieben.

 

Im Dezember erhielt das 1.MFG vom 2.MFG dessen 1.Aufklärungsstaffel mit seinen 17 Sea Hawk Mk.101 Aufklärungsflugzeugen. Zum Ausgleich erhielt das 2.MFG die U-Jagdstaffel mit allen Gannet's. Mit der Abgabe der U-Jagdstaffel verblieben nur noch Sea Hawk's im Geschwader, welche in einer Staffel als Jagdbomber bzw. einer weiteren Staffel für die Aufklärung ihren Einsatz fanden.

 

 

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[Quellen- und Literaturnachweis]